Der 100. Todestag Bertha von Suttners

100. Todestag Bertha von SuttnersIn vielen Städten europaweit, so auch in Bonn, gestalteten Menschen den 100. Todestag Bertha von Suttners, um sie zu würdigen und um sie endgültig der Vergessenheit zu entreißen, in die sie von den Mächtigen und Kriegslüsternen nach ihrem Tod am 21. Juni 2014, wenige Woche vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs, gedrängt wurde. Ein Aufflackern von Sehnsucht nach Frieden nach dem 2. Weltkrieg: man benannte Schulen und Plätze nach ihr, aber nur einzelne Pädagogen und Menschen aus der Friedensbewegung waren es, die ihr Leben und Wirken als unmißverständliche und laute Stimme gegen den Krieg und für den Frieden an die nächste Generation weitergaben. "Weil Du rüstest, rüste ich" wem kommt dieser Mechanismus nicht bekannt vor?

Manchmal haben Gedenktage auch etwas Gutes: schon 2005, dem 100. Jahr des Friedensnobelpreises an Bertha von Suttner (als erster Frau), kam Bewegung in die Stille. Dann endlich, im Jahr 2013, wurde ihre Büste im Friedenspalast in Den Haag enthüllt - vorher gab es da nur Männer, und am Bertha-von.Suttner-Platz in Bonn wurde eine edle Stele verankert, dem ersten Denkmal für die Pazifistin im öffentlichen Raum in Deutschland. In diesem Gedenkjahr nun gibt es Lesungen, Filmvorführungen, Theaterszenen.. Bertha wird wieder sichtbar und hörbar. Doch was ist mit ihrem Aufschrei: "Die Waffen nieder!"? Deutschland und andere Staaten verkaufen munter Waffen in Kriegs- und Krisengebiete, da boomt das Geschäft. Auch interveniert man zum "guten Zweck" und befindet sich sehr schnell mitten im Krieg. Das wissen am besten die Militärs, aber sie dürfen es nicht sagen.

Bertha von Suttners Weisung für ihre Zukunft, unsere Gegenwart lautete: den Frieden zu schaffen gilt es, denn wir haben keinen. Wir leben im Rüstungskrieg in einem auf die Dauer unhaltbaren Waffenstillstand, schreibt sie vor mehr als hundert Jahren. Wir alle wissen, er hat nicht gehalten und hält auch weiterhin nicht. Eine Völkerunion und ein Internationaler Schiedsgerichtshof für die Streitigkeiten zwischen den Völkern (nicht identisch mit dem InternationalenStrafgerichtshof), Rüstungsstopp und Waffenverbot waren ihre Friedensstrategien, dazu ein lebenslanges (Um) Lernen für den Frieden. Kann man moderner und zukunftweisender sein?

Gemeinsame Sicherheit

In einem Aufruf zum 8. Mai hat der Bundesausschss Friedensratschlag Mahnwachen bundesweit und eine europäische Sicherheitskonferenz eingefordert. Die Forderungen im Einzelnen: 

 "Der 8. Mai 1945 ermahnt uns, nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus zuzulassen. Es ist wieder an der Zeit, an das Prinzip der „gemeinsamen Sicherheit“ im gemeinsamen „Haus Europa“ zu erinnern, sich neben dem historischen Gedenken dem Prinzip „Gemeinsame Sicherheit statt Konfrontation“ verpflichtet zu sehen.

Dieses erfordert:

  • Von der Bundesregierung fordern wir eine Politik zur Deeskalation in der Ukraine und zum Abbau der Spannungen mit Russland, z.B. durch den Stopp aller wirtschaftlichen „Strafmaßnahmen“.
  • Von den Medien in unserem Land verlangen wir eine sachgerechte Berichterstattung und rhetorische Abrüstung.
  • Keine Toleranz gegenüber und keine Zusammenarbeit mit faschistischen Kräften in der Ukraine!
  • Die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz unter Einbeziehung der Konfliktparteien könnte eine Vertrauen bildende Maßnahme sein. 

 

Gemeinsame Sicherheit statt Konfrontation."

 

Bundesausschuss Friedensratschlag
4. Mai 2014

Offener Brief gegen die Kissinger-Professur in Bonn

Im vergangenen Jahr verkündeten das Bundesministerium der Verteidigung und das Auswärtige Amt die Einrichtung einer „Henry-Kissinger-Professur“ an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Stiftungsprofessur für „Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung sicherheitspolitischer Aspekte“ soll von den beiden Ministerien für fünf Jahre finanziert werden und den früheren US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Kissinger ehren. Es ist geplant, sie ab dem Wintersemester 2014/2015 für mindestens ein Jahr zu besetzen.

Das Studierendenparlament und der AStA der Universität Bonn haben gegen dieses Vorhaben protestiert, insbesondere gegen die Namensgebung und die Tatsache, dass eine Professur an einer zivilen Hochschule hauptsächlich aus Mitteln des Bundesverteidigungsministeriums bezahlt werden soll. Es gibt darüber hinaus seit Längerem eine fundierte Kritik von Zeithistorikern und Politikwissenschaftlern am Wirken des Namengebers in Asien und Lateinamerika während seiner Zeit als offizieller Regierungsvertreter der USA, die eindeutig gegen die Einrichtung einer solchen Professur spricht.

Henry Kissinger wird vorgeworfen, als Nationaler Sicherheitsberater (1969-1973) und US-Außenminister (1973-1977) Kriegsverbrechen verantwortet und schwere Menschenrechtsverletzungen geduldet oder begünstigt zu haben. Dies bezieht sich unter anderem auf Kissingers Rolle bei der Verlängerung und Intensivierung des Vietnamkriegs, auf die von ihm betriebene Ausweitung der kriegerischen Intervention der USA auf Kambodscha und Laos sowie die Flächenbombardements gegen zivile Ziele in Nordvietnam. Direkt beteiligt war Kissinger auch an der Planung des von den USA ausgehenden Wirtschaftskriegs gegen den gewählten Präsidenten Chiles, Salvador Allende, der dem Militärputsch vom 11. September 1973 vorausging. Dokumentiert ist ebenfalls Kissingers Befürwortung repressiver Maßnahmen, die die argentinische Militärjunta nach dem Putsch 1976 ergriff. So begann in Argentinien eine Zeit staatlich organisierter Morde, zu deren Opfern auch deutsche Staatsangehörige zählten.

Angesichts dieser schwerwiegenden Tatbestände, die sich durch zahlreiche Dokumente und Forschungserkenntnisse belegen lassen, ist eine Ehrung Kissingers durch eine nach ihm benannte Professur schlichtweg inakzeptabel. Dies gilt unabhängig von den möglichen Verdiensten Kissingers, etwa in Bezug auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen oder das Verhältnis der USA zu China.

Die Unterzeichenden fordern daher die Bundesregierung und die Leitung der Universität Bonn dazu auf, die Kritik aus der Bonner Studierendenschaft ernst zu nehmen und auf die Benennung der geplanten Professur nach Henry Kissinger zu verzichten.

 

Gute Nachricht

Die stellvertretende Vorsitzende des Frauennetzwerks für Frieden e.V. Margret Otto hat uns aus dem Sudan, wo sie sich bis vor kurzem zu wissenschaftlichen Studienzwecken aufhielt, eine ermutigende Meldung geschickt:

Gute Nachricht aus dem Sudan - Salmmah Women’s Resource Center in Khartoum

In der Regel sind Nachrichten, die uns aus dem Sudan erreichen, schlechte Nachrichten. Der Sudan und - nach seiner Unabhängigkeit – der Südsudan sind krisengeschüttelte Länder. Hier ist eine gute Nachricht! Trotz großer Schwierigkeiten wird die Frauenorganisation Salmmah Women’s Resource Center in ihrem Haus einen Frauentreff eröffnen. Fahima Hashim, Direktorin des Zentrums, ist stolz auf diesen Erfolg und freut sich, dass es einen Platz mitten in Khartoum geben wird, an dem Frauen sich treffen können, um sich zu beraten, zu diskutieren, Vorträge zu hören und Feste zu feiern. Und zu lesen, denn das Zentrum wird neben einem „Museumsraum“, in dem Vertreterinnen der sudanesischen Frauenbewegung seit der britischen Kolonialherrschaft gewürdigt werden, auch eine reichhaltige Bibliothek haben. Fahimas Wunsch an das Frauennetzwerk für Frieden e.V.: möglichst viele englischsprachige Bücher stiften. Das werden wir tun!


EDIT 27. Juni 2014: Leider sind die Nachrichten doch nicht so gut: Das Zentrum wurde ohne Begründung von der Regierung geschlossen: mehr dazu hier.

Klares Nein!

Zahlreiche Organisationen und Einzelpersonen haben sich dem Aufruf, die an der Bonner Universität geplante Henry-Kissinger-Professur abzulehnen, angeschlossen. Das Frauennetzwerk für Frieden e.V. hat den Aufruf ebenfalls unterzeichnet.

Die Wortlaut der Erklärung wird hier wiedergegeben:

 

Erklärung der Initiative Zivile Uni Bonn zur geplanten „Henry Kissinger Professur“ in Bonn

Die Initiative Zivile Uni Bonn lehnt die geplante „Henry Kissinger-Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung“ an der Universität Bonn ab. Henry Kissinger war als Nationaler Sicherheitsberater (1969 – 1975) und Außenminister (1973 – 1977) maßgeblich für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten verantwortlich. Bei den von Kissinger geplanten und überwachten Bombardements in Vietnam, Kambodscha und Laos starben Hunderttausende Menschen, die ökologischen Folgen des massiven Bomben- und Gifteinsatzes führen bis heute zu Fehlbildungen bei Neugeborenen. Während des von ihm nachdrücklich unterstützten Putsches 1973 in Chile gegen eine demokratisch gewählte Regierung wurden 3000 Menschen ermordet und Tausende gefoltert oder ins Exil getrieben. Kissinger befürwortete den „Schmutzigen Krieg“ in Argentinien, während dem 30.000 Menschen spurlos verschwanden. Kissinger gab der indonesischen Führung sein Einverständnis im Namen der USA für einen Angriffskrieg gegen Osttimor, der mindestens 100.000 Timoresen das Leben kostete (bei einer Gesamtbevölkerung von 800.000).

Nach dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofs könnten einige seiner Handlungen als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angesehen werden. Henry Kissinger äußerte sich einmal zu seinem Verhältnis zum Recht in den internationalen Beziehungen: „The illegal we do immediately. The unconstitutional takes a little longer” („Das Illegale machen wir sofort. Das Verfassungswidrige dauert etwas länger.”)

Der Name Henry Kissingers für eine Professur für Völkerrecht ist untragbar!

Die überwiegende Finanzierung des geplanten Kissinger-Lehrstuhls durch das Verteidigungsministerium lässt direkte und indirekte Einflussnahme befürchten und gefährdet die universitäre Autonomie. Wir sprechen uns klar dagegen aus, dass Lehrstühle durch das Bundesministerium der Verteidigung oder die Bundeswehr finanziert werden. Forschung, Lehre und Studium an der Universität sollen zivilen und friedlichen Zwecken dienen. Wir fordern eine ausreichende Grundfinanzierung der Universitäten, um sie als Institutionen zu stärken und in die Lage zu versetzen Angebote abzulehnen, welche nicht mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in Einklang stehen.

 

Liste der unterzeichnenden Organisationen:

Asta der Universität Bonn

European Center for Constitutional and Human Rights

Ver.di NRW Süd

Frauennetzwerk für Frieden

Netzwerk Friedenskooperative

Pax Christi Bistumsstelle Köln

Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.

DFG-VK

Stiftung Asienhaus

ila

Aachener Friedenspreis e.V. - Bürgerinitiative aus der Aachener Friedensbewegung

IPPNW - Internationale Ärzte und Ärztinnen für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung, deutsche Sektion

    • Kontakt

      Telefon: +49(0)228 - 62 67 30
      E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! 

    • Anschrift

      Frauennetzwerk für Frieden e.V.
      Dr. Werner-Schuster-Haus
      Kaiserstr. 201
      D-53113 Bonn