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FNF bei der Kundgebung am Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung

IMG 20250515 1712342Bei der Kundgebung am Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung am 15.05.2025 auf dem Martinsplatz in Bonn, veranstaltet von der pax christi – Gruppe Bonn, war das FNF mit einem Redebeitrag vertreten. Gemeinsam riefen mehrere Bonner Friedensgruppen dazu auf, Kriegsdienstverweigerer*innen, Deserteur*innen und alle Menschen, die sich dem Krieg und allen Kriegsvorbereitungen widersetzen, zu unterstützen. Unsere Praktikantin Laura hat in ihrem Redebeitrag: „Mehr Frauen in die Bundeswehr?“ gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, insbesondere einer Wehrpflicht für Frauen, argumentiert:

Liebe Friedensfreund*Innen,

Ich bin Laura, ich spreche hier für das Frauennetzwerk für Frieden zum Thema: "Mehr Frauen in die Bundeswehr? Wir sagen nein." In Zeiten, in denen von massiver Aufrüstung gesprochen wird, in dem Irrglauben, dass so nachhaltiger Frieden geschaffen werden kann, ist es wichtig einen anderen Weg aufzuzeigen. Am heutigen internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung steht im Fokus, dass kein Mensch  gegen seinen Willen zum Dienst an der Waffe verpflichtet werden darf.

Wir, das Frauennetzwerk für Frieden, lehnen die Versuche, Deutschland kriegstüchtig zu machen, ab.

Vor 14 Jahren wurde die Wehrpflicht richtigerweise ausgesetzt. Doch seit einigen Monaten wird nun darüber diskutiert, diese wieder einzuführen – mit dem bemerkenswerten Unterschied, dass auch die Wehrpflicht für Frauen gefordert wird. Dabei wird oft als Vorwand auf die Gleichberechtigung der Geschlechter in Deutschland verwiesen. Noch ist im Koalitionsvertrag keine Dienstpflicht vorgesehen, der alte und neue Verteidigungsminister Boris Pistorius kann sich diese jedoch sehr gut vorstellen; am liebsten mit Frauen.

Bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich klarstellen: Es geht uns nicht darum, Frauen den Zugang zur Bundeswehr zu verwehren. Vielmehr fordern wir, dass jede Person, unabhängig von Geschlecht oder Geschlechtsidentität, selbst entscheiden kann, ob sie einen Militärdienst leisten möchte – ohne dazu gesetzlich verpflichtet oder gezwungen zu werden.

Ich möchte unser Statement „Mehr Frauen in die Bundeswehr? Wir sagen nein“ gerne mit zwei Thesen untermauern.

  1. Frauen sollen an Friedenserhaltung und Friedenschaffung teilhaben können, und nicht mehr Gewalt erzeugen.

In meinen Studien beschäftige ich mich seit knapp 5 Jahren mit der Teilhabe von marginalisierten Gruppen in der Friedenschaffung. Frauen werden dabei oft ausgelassen. Im Jahr 2000 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit. Sie besagt, dass Frauen gleichberechtigt an allen Friedensprozessen auf allen Ebenen, einschließlich Friedensverhandlungen, beteiligt werden sollen. Auch Grassroots-Frauen. Die UNSCR 1325 wurde bis heute nur spärlich umgesetzt.  

Dabei zeigen Studien: Es steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Frieden anhält, wenn ihn Frauen aktiv mitgestalten. Aber um Friedensschaffung und Erhaltung geht es nicht mehr. Statt Friedensarbeit zu fördern, konzentriert sich unsere Bundesregierung zunehmend auf Kriegstüchtigkeit und Aufrüstung. Diese Fokussierung auf militärische Macht führt nicht zu echter Sicherheit. Im Gegenteil, sie verstärkt Spannungen und Konflikte.

Die Vorstellung, dass Sicherheit durch Aufrüstung erreicht werden kann, ist irreführend und gefährlich. Denn von welcher Sicherheit sprechen wir überhaupt und  für wen?

Aus einer feministischen Perspektive bedeutet Sicherheit nicht die Sicherung nationaler Grenzen. Feministische Sicherheit umfasst viel mehr: Sie umfasst unter anderem nachhaltige Verbesserung in Wirtschaft, Gesundheitswesen, Klima- und Umweltschutz und vor allem soziale Gerechtigkeit, also menschliche Sicherheit.

Wie soll Militär hierbei helfen?

Außerdem: Die Realität zeigt, dass die Verbreitung von Waffen nicht nur Konflikte anheizt, sondern auch geschlechtsspezifische Gewalt gegenüber Frauen erhöht. Laut Gabriela Irsten, Politologin und Sicherheitsexpertin, ist es in vielen Konflikten heute gefährlicher, eine Frau zu sein als ein Soldat. Wir müssen deshalb die Vorstellung hinterfragen, dass militärische Stärke eine Lösung für unsere Sicherheitsprobleme ist. Wir sollten nicht mehr Menschen in den Kriegsapparat einfangen, sondern stattdessen darauf setzen, Frieden und soziale Gerechtigkeit für alle schaffen.

  1.   Das Militär ist NICHT der beste Platz um Gleichberechtigung zu propagieren oder auszuprobieren.

Mit der Öffnung des Militärs für Frauen in Deutschland Anfang der 2000er Jahre sahen einige Feminist*innen die Möglichkeit, gesellschaftliche Rollenbilder zu hinterfragen und die Emanzipation von Frauen voranzubringen, die letzte Männerbastion zu brechen. Diese Hoffnungen wurden enttäuscht. Erfahrungen aus anderen Armeen, wo Frauen dienen können oder müssen, zeigen, dass die patriarchalen Strukturen innerhalb des Militärs bestehen bleiben und teilweise die bestehenden Geschlechterrollen verstärken.

Auch in der Bundeswehr zeigt sich dies. Der Frauenanteil ist dort aktuell bei 14%, die meisten dienen im Sanitätsbereich und nicht an der Waffe.

Umfragen des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr selbst belegen, dass etliche männliche Soldaten Frauen als ungeeignet für beispielsweise Führungsaufgaben sehen. Sexistische Äußerungen und anzügliche Witze sind weit verbreitet und die Zahlen von sexueller Belästigungen innerhalb der Bundeswehr steigen jährlich.

Die Bundeswehr bleibt, so wie die meisten militärischen Einrichtungen, ein patriarchaler Ort. Militär und Patriarchat sind eng miteinander verbunden, da beide Systeme Hierarchie, Gewalt und Kontrolle fördern und Frauen oft als Objekte oder Opfer betrachten. Diese strukturellen Probleme sind natürlich nicht nur in der Bundeswehr, sondern gesamtgesellschaftlich zu finden. So zeigen verschiedene Lücken , wie die Einkommenslücke (Gender-Pay Gap), Rentenlücke (Gender Pension Gap) oder die Sorgearbeitslücke (Gender Care Gap), die starken Ungleichheiten für Frauen in der Gesellschaft. Vor allem der Gender Care Gap zeigt, dass Frauen in Deutschland  44,3% mehr unsichtbare unbezahlte Carearbeit leisten als Männer. Wieso sollten sie dann auch noch zusätzlich im Militär ihren "Dienst" an der Gesellschaft verrichten müssen?

Eine Wehrpflicht für Frauen muss deshalb als Rückschritt gesehen werden, insbesondere, wenn sie nicht mit einer umfassenden Reform der gesellschaftlichen und politischen Strukturen und Praktiken einhergeht, in denen die Ungleichbehandlung der Geschlechter noch deutlich zutage tritt.

Vielen Dank!

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      Frauennetzwerk für Frieden e.V.
      Dr. Werner-Schuster-Haus
      Kaiserstr. 201
      D-53113 Bonn