"Zwei Frauen, ein Kampf": ein Veranstaltungsbericht

image00004Der 10. Dezember ist nicht nur der internationale Tag der Menschenrechte, er ist ebenfalls seit langer Zeit der Tag der Verleihung des Friedensnobelpreises. In diesem Jahr wurde dieser an die Iranerin Narges Mohammadi verliehen. Selbst konnte sie nicht in Oslo anwesend sein um ihren Preis anzunehmen. Seit 2021 ist sie wieder im Gefängnis, verurteilt wegen ihrer Kritik am iranischen Regime und ihres Kampfes für Menschenrechte und für die Rechte von Frauen. Vor genau 20 Jahren wurde der Friedensnobelpreis ebenfalls an eine iranische Menschenrechtsverteidigerin verliehen, an Shirin Ebadi. 

Anlässlich dieses besonderen Tages organisierte das FNF am vergangenen Mittwochabend, dem 13.12, in Kooperation mit der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland die digitale Veranstaltung "Zwei Frauen, ein Kampf: Shirin Ebadi, Narges Mohammadi und die Revolution im Iran". 

Als Referentin für die rund 20 anwesenden Personen war Mehrnaz bei uns, Mitglied der Gruppe feminista Bonn, einer unparteiischen Gruppe aus von Gewalt betroffenen, iranischen Männern und Frauen. Feminista Bonn setzt sich unter anderem dafür ein, die Öffentlichkeit in Deutschland für die Lage im Iran zu sensibilisieren, besonders für den Kampf von Frauen und LGBTQIA+ Personen. 

Nach einer kurzen Vorstellung des Landes Iran gab Mehrnaz den Anwesenden einen Überblick über die islamische Regierung des Irans und deren Menschenrechtsverletzungen auf. Die systematische Unterdrückung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen durch die Sittenpolizei, die Verurteilung von LGBTQIA+-Aktivist *innen zum Tode und das Fehlen jeglicher Freiheiten seit der islamischen Revolution rief vielfältige Protestbewegungen hervor, die alle von Seiten des Regimes brutal niedergeschlagen wurden. Sie nannte zum Beispiel die "Grüne Bewegung" und den "Blutigen November", die in der Festnahme und Tötung vieler Demonstrant*innen resultierten, darunter auch zahlreiche Kinder und Minderjährige. 

Nach der islamischen Revolution bildeten sich dezidiert feministische Bewegungen heraus. Mit der sich festigenden Realisation, dass Demonstrationen vom Regime stets direkt unterdrückt würden, fanden die iranischen Frauen andere Protestarten: Unterschriften-Kampagnen oder Aktionen wie den "Weißen Mittwoch", bei denen Frauen sich ohne Kopftuch zeigten.

Der Tod von Mahsa Jîna Amini im September 2022 mündete schließlich im Beginn der "Jin, Jiyan, Azadî (Frau, Leben, Freiheit)– Bewegung". Mehrere hundert Personen wurden bereits im Zuge der Bemühungen des Regimes, die Bewegung niederzuschlagen, getötet. Ziel der Attacken des Regimes sind häufig auch Schüler*innen. Ihre Rolle in der Revolution und ihr Mut betonte Mehrnaz als besonders wichtig und beachtenswert.

Im Anschluss ging Mehraz auf das Leben und Wirken der beiden Friedensnobelpreisträgerinnen ein. Shirin Ebadi und Narges Mohammadi sind zwei der zahllosen Menschen, die gegen das Regime aufstehen und stehen als Symbol für die Bewegungen. Shirin Ebadi arbeitete vor der Islamischen Revolution als Richterin in Teheran, nach der Revolution dann als Sekretärin in dem selben Gericht. 2001 gründete sie das Defenders of Human Rights Center (DHRC) und erhielt nur zwei Jahre darauf den Friedensnobelpreis. Seit 2009 lebt sie im Exil in Großbritannien.

Narges Mohammadi wurde bereits im Studium für das Schreiben politischer Artikel verhaftet. Im Jahr 2003 trat sie dem DHRC bei, dessen Vize-Präsidentin sie heute ist. Beide Frauen kennen sich also schon lange und arbeiteten eng zusammen. Seit 2021 ist Mohammadi nun wiederum wegen ihrer Arbeit für Frauen- und Menschenrechte inhaftiert. Aus der Haft heraus veröffentlichte sie 2022 das Buch White Torture: Interviews with Iranian Women Prisoners, in dem sie von ihren eigenen Erfahrungen im iranischen Gefängnis erzählt, aber vor allem auch andere Frauen zu Wort kommen lässt, die ebenfalls aus politischen Gründen in Haft sitzen. In diesem Jahr erhielt Mohammadi nun den Friedensnobelpreis, für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran, für Menschenrechte und Freiheit für alle Menschen im Iran. 

Zum Ende ihres Vortrags betonte Mehrnaz, dass ein wichtiger Schritt zur Unterstützung der Menschen im Iran ein Ende der Doppelmoral von Seiten der westlichen Politik wäre: Preisverleihungen und Lob an iranische Frauen auf der einen Seite stünden im Kontrast dazu, dass viele Staaten, gerade auch Deutschland, trotzdem weiter Handel mit der Islamischen Republik treiben, während diese weiter Menschenrechtsverletzungen an den Iraner*innen begeht. 

In der Diskussionsrunde zum Abschluss der Veranstaltung stand die Frage im Raum, wie aus Deutschland heraus die iranischen Frauen im Kampf um ihre Rechte unterstützt werden könnten. Zunächst, so Mehrnaz, sei es wichtig das Thema nicht in den Hintergrund rücken zu lassen und immer wieder Informationsarbeit zu leisten. Weiterhin sei es essentiell, iranischen Betroffenen zuzuhören - insbesondere denjenigen, die im Iran aufgewachsen sind und die Gewalt am eigenen Leib erfahren haben. Besonders wichtig sei auch, sich an deutsche Politiker*innen zu wenden und echte Taten statt nur Worte der Solidarität von ihnen zu fordern. Und schließlich sei es auch wichtig, iranische Gruppen hier in Deutschland bei Demonstrationen und Aktionen zu unterstützen sowie an Organisationen wie HÁWAR.help, die die Menschen im Iran unmittelbar unterstützen, zu spenden.

Wir danken Mehrnaz und den Aktivist*innen von Feminista Bonn ganz herzlich für ihren Einsatz und ihren Beitrag zu unserer Veranstaltung sowie der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland für die gelungene Kooperation!

Bild: Demonstration in Bonn zum 1. Jahrestag der Ermordung Jina Mahsa Aminis am 16. September 2023

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